Ernährung, Gesundheit und soziale Ordnung
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Die Karriere der Kalorie. Eine Geschichte des Essens und Messens in den USA der 1860er bis 1930er Jahre

Dr. Nina Mackert (Universität Erfurt)

Das Teilprojekt untersucht das Bestreben moderner Gesellschaften, Essen und Körper mess- und vergleichbar und so das Verhältnis von Ernährung und Gesundheit kalkulierbar zu machen. Im Vordergrund steht die Geschichte der Kalorie. Das Projekt untersucht, wie sich die Kalorie in metabolischen Experimenten und Diätpraktiken etablierte und als Subjektivierungstechnologie entfaltete.

Die Kalorie wurde im späten 19. Jahrhundert als Maßeinheit für den Energiegehalt von Nahrungsmitteln eingeführt. Mithin wurde sie in einer Epoche bedeutsam, die von Industrialisierung, einer neuartigen Konzentration auf Körperlichkeit sowie dem Streben nach gesellschaftlicher Steuerung bei gleichzeitiger Betonung von Selbstverantwortung im so genannten „Progressivismus“ gekennzeichnet war. In diesem Zusammenhang war das Versprechen der Kalorie attraktiv, eine genaue Bestimmbarkeit des Verhältnisses von Ernährung, Körpergewicht und Gesundheit zu ermöglichen und damit Leistungsfähigkeit und Wohlergehen von Individuen und Gesellschaft in vielfältiger Hinsicht regulieren zu können.

Um 1900 erlangte die Kalorie zunächst Bedeutung als Einheit, über die erstmals die Ernährungsweisen von Populationen miteinander verglichen und reguliert werden konnten (u. a. in Sanatorien, Gefängnissen und der Armee bzw. in Ernährungsstudien unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen). Im frühen 20. Jahrhundert fand das Kalorienzählen unter anderem über Diätratgeber den Weg in die Alltagspraktiken von Individuen und forderte diese auf, ihre Nahrungsaufnahme zu kontrollieren und auf ihre Gewicht zu achten. Flankiert von einer zunehmenden Problematisierung von „Übergewicht“ schien das Kalorienzählen über die Fähigkeit von Individuen Auskunft zu geben, sich selbst angemessen zu führen.

Leitung: Prof. Dr. Jürgen Martschukat 


Nina Mackert ist PostDoc im Verbundprojekt „Ernährung, Gesundheit und soziale Ordnung in der Moderne: Deutschland und die USA“ in der Nordamerikanischen Geschichte der Universität Erfurt. Zwischen 2012 und 2015 arbeitete sie als Postdoc im Thyssen-Forschungsprojekt „Das essende Subjekt: Eine Geschichte des Politischen in den USA vom 19. bis zum 21. Jahrhundert“ Diskurse und Praktiken um Körperfett erforscht (bisher dazu erschienen „I want to be a fat man / and with the fat men stand“ – US-Amerikanische Fat Men’s Clubs und die Bedeutungen von Körperfett in den Dekaden um 1900“, in: Body Politics 3/2014). Sie wurde 2012 an der Universität Erfurt mit einer Arbeit über Jugenddelinquenz promoviert (2014 bei UVK erschienen). Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen Nordamerikanische Kulturgeschichte, Critical Ability Studies, die Geschichte von Jugend und Familie sowie die Geschichte von Essen und Ernährung.

Website von Nina Mackert mit CV und Publikationsliste an der Universiät Erfurt

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